CFK Valley: Verbundwerkstoffen gehört die Zukunft

Leichtbau bringt man eigentlich vor allem mit Aluminium in Verbindung. Doch sowohl im Flugzeugbau als auch in der Automobil-Welt kennt man längst das Material der Zukunft: CFK. In Stade befindet sich eines von zwei Know-how-Clustern in Deutschland.

CFK steht für Carbonfaser-verstärkten Kunststoff. Gemeint ist ein Materialverbund, bei dem Kohlestofffasern in eine Kunststoff-Matrix eingebettet werden. Meist werden dabei aus Carbonfasern gewebte Matten eingesetzt, die in Epoxidharz eingelegt und unter gezielter Wärmeeinwirkung zu einem Bauteil vergossen werden, das genau die gewünschte Geometrie und die erforderlichen mechanischen Eigenschaften aufweist. Aber auch Lösungen mit Thermoplasten und Duroplasten sind gebräuchlich. Thermoplaste sind Kunststoffe, die sich in einem bestimmten Temperaturbereich verformen lassen; Duroplaste sind Kunststoffe, die nach ihrer Aushärtung nicht mehr verformt werden können.

Gebündeltes Know How aus den verschiedenen Branchen
„Ein entscheidender Vorteil von Carbonfaser-Verbundwerkstoffen ist die Möglichkeit, bei Konstruktion und Produktion ganz gezielt auf die Eigenschaften eines Bauteils Einfluss nehmen zu können“, erklärt Dr. Gunnar Merz, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender CFK Valley Stade e.V. das Merkmal von CFK, das die Industrie so begeistert. Anhand eines Modells erklärt er, wie zum Beispiel die Lage der eingesetzten Carbonfaser-Matten darüber entscheidet, wie steif oder flexibel ein Teil später sein wird. Das CFK Valley wird derzeit von 120 Unternehmen getragen. 2004 gegründet hat man sich der Aufgabe verschrieben, ein Kompetenznetzwerk an Branchen-Experten zu bilden und einen Austausch zwischen Unternehmen zu ermöglichen, die sich mit neuen Konstruktionen aus CFK beschäftigen. Hier können sich zum Beispiel mittelständische Unternehmen zum Know-how-Austausch zusammenfinden. Und es besteht die Möglichkeit, auf Technologie-Advisor aus unterschiedlichen Branchen zuzugreifen – zum Beispiel aus der Luftfahrt, dem Automobil-Bereich, dem Schiffsbau und auch der Windenergie.

Internationale Kooperationen
„Unsere Mitglieder finden hier nicht nur die richtigen Kontakte, wenn es um CFK-Anwendungen geht. Wir ermöglichen auch gemeinsame Forschungsprojekte, vermitteln konkrete Geschäfte und fördern die Entwicklung neuer Märkte“, erläutert Merz. Wobei es das CFK Valley nicht bei der Vernetzung nationaler Experten und Unternehmen belassen will, sondern sich zunehmend auch international ausrichtet. So gibt es zum Beispiel seit neuestem eine Repräsentanz in Japan und die Kooperation mit ähnlichen Einrichtungen, wie zum Beispiel EuCIA in Belgien. Für die Zukunft ist der Ausbau zu einem globalen CFK-Metacluster geplant, der auch China und die USA einbezieht.

In unmittelbarer Nähe zum CFK Valley befindet sich zudem der Hansecampus Stade, eine private Fachhochschule, die einen speziellen Studiengang zum Thema Verbundwerkstoffe anbietet, wie er bisher einmalig auf der Welt ist. Gleich daneben beginnt das weitläufige Areal von Airbus, einem Technologieführer im Bereich CFK, der schon seit Jahren Carbonfaser-Verbundwerkstoffe einsetzt und diese Technologie zur Serienreife entwickelt hat.

Nachhaltige Lösung: Recycling von CFK
Stade hat sich zu einem Standort entwickelt, von dem bedeutende Impulse rund um das Thema CFK ausgehen. So investiert das Chemieunternehmen Olin in Stade derzeit in eine Produktionsanlage, die künftig über 120 000 Tonnen Epoxidharz produzieren soll. Olin pflegt auch enge Beziehungen zum CFK Valley und beschäftigt dort allein 30 Mitarbeiter. Interessant ist auch CFK Stade Recycling, eines der ersten Unternehmen weltweit, das eine Lösung zum Recycling von Carbonfaser-Verbundwerkstoffen entwickelt hat. Eine Konstruktion aus Carbonfaser-Verbundwerkstoffen ist 40 Prozent leichter als eine vergleichbare Lösung aus Aluminium. Das macht CFK zu einem bedeutenden Werkstoff für die Mobilität. Nicht nur im Flugzeugbau sorgt jedes Kilogramm, das bei der Struktur eines Luftfahrzeugs eingespart werden kann, für mehr Nutzlast und damit Wirtschaftlichkeit. Auch im Automobilbau und bei Schienenfahrzeugen wird Carbon den heutigen Stahlbau zunehmend ablösen. So entsteht zum Beispiel momentan das Urban Commuter & Connectivity Vehicle (UCCON), mit dem demonstriert werden soll, wie sich alternative Antriebstechniken mit konsequentem Leichtbau und intelligenter Telematik zu einem völlig neuen Mobilitätskonzept verknüpfen lassen.

Neue architektonische Möglichkeiten
In der Architektur lassen sich mit Carbon filigrane Strukturen und große Freiflächen realisieren, wie sie mit Beton und Stahl einfach nicht möglich sind. Ein Beispiel dafür steht direkt vor dem Gebäudekomplex des CFK Vally in Stade: eine Bushaltestelle vollständig aus CFK, die von dem Bauunternehmer Dr.-Ing. Amer Affan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten realisiert wurde. Anlässlich seiner Einweihung kamen noch weitere spektakuläre Bauwerke zur Sprache, die demnächst Wirklichkeit werden: Ein energieeffizientes Einfamilienhaus ganz aus CFK zum Beispiel. Oder ein Carport mit integriertem Solargenerator zum Tanken und Unterstellen einer neuen Generation von Elektrofahrzeugen. Die Metropolregion Hamburg ist also nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsstandort im Norden. Hier spielt auch die Zukunftsmusik, auch wenn bisher vor allem Experten davon wissen.

„Das Know-how über den modernen Verbundwerkstoff ist vorhanden und ein Marktwachstum von rund 12 Prozent im Jahr spricht eine deutliche Sprache. Jetzt geht es vor allem darum, neue Technologien zu entwickeln, die eine wirtschaftliche industrielle Produktion von CFK-Bauteilen möglich machen. Und genau dafür werden wir das entscheidende Kompetenzcluster sein“, ist Dr. Gunnar Merz überzeugt.

Quelle und weitere Informationen:
cfk-valley.com

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